1,1 Promille ohne Ausfallerscheinungen reichen für MPU Anordnung aus
Bisher waren die Regelungen zu Alkohol im Straßenverkehr eindeutig: Wenn man mit mehr als 1,6 Promille beim Autofahren erwischt wird, ist der Führerschein weg und man muss zur MPU, bevor man die eigene Fahrerlaubnis wieder erhält.
Wird man mit mehr 1,1 Promille, aber weniger als 1,6 Promille von der Polizei kontrolliert, entschieden bisher verschiedene Faktoren darüber, ob man zur MPU muss, bevor man den eigenen Führerschein wieder beantragen kann. So zum Beispiel, ob man bei der Kontrolle andere Auffälligkeiten gezeigt hat, die auf einen regelmäßigen Missbrauch hindeuten, wie das Trinken am frühen Vormittag.
Das könnte sich jetzt allerdings ändern. Denn das Bundesverwaltungsgericht Leipzig ist in einem wegweisenden Urteil zu dem Schluss gekommen, dass eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung auch in anderen Fällen angeordnet werden kann. Wie die Voraussetzungen dafür aussehen, was das für Autofahrer bedeutet und was eine MPU eigentlich ist, wollen wir in folgendem Artikel erklären.
Was ist eine MPU?
MPU steht für Medizinisch-Psychologische Untersuchung. Eine solche Untersuchung kann von der Führerscheinstelle angeordnet werden, um die Fahreignung des Antragstellers zu prüfen. Eine MPU wegen Alkohol ist am häufigsten. Allerdings kann eine
Untersuchung auch wegen Straftaten, Drogenkonsum oder Punkten angeordnet werden.
Bei einer solchen MPU wird dann geprüft, ob der Antragsteller psychologisch und medizinisch dazu in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen. Dazu werden unter anderem verschiedene Tests absolviert. Darüber hinaus entscheidet ein Verkehrspsychologe bzw. MPU-Gutachter im persönlichen Gespräch, wie weit sich das Verhalten und die Einstellungen des Antragstellers geändert haben.
Neues Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig
Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig musste jetzt über einen Fall entscheiden, bei dem ein Autofahrer von der Polizei mit 1,3 Promille im Blut gestoppt wurde. Der Fahrer wirkte auf die Beamten allerdings nicht betrunken und zeigte keinerlei Ausfallerscheinungen. Dem Mann wurde daraufhin die Fahrerlaubnis entzogen.
Obwohl dies bisher nicht die Standard-Vorgehensweise war, ordnete die verantwortliche Stelle darüber hinaus an, dass der Fahrer vor der Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis ein MPU-Gutachten vorzulegen habe. Da der Mann dies verweigerte, wurde auch die Neuerteilung des Führerscheins abgelehnt. Dagegen klagte der Fahrer durch mehrere Instanzen, bis der Fall schließlich vor dem Bundesverwaltungsgerichts Leipzig landete.
Das Gericht gab der zuständigen Behörde jetzt recht. Es war zulässig, ein MPU Gutachten vor der Neuerteilung des Führerscheins anzuordnen und die Neuerteilung abzulehnen, als dieses Gutachten nicht eingereicht wurde.
Warum kam es zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts?
Das Bundesverwaltungsgericht begründete sein Urteil damit, dass bei einer Person, die mehr als 1,1 Promille hat und keinerlei Ausfallerscheinungen zeigt, ein dauerhafter und schwerwiegender Alkoholkonsum vorliege. Das wiederum führe dazu, dass sowohl die Rückfallwahrscheinlichkeit als auch die Gefahr einer unrealistischen Selbsteinschätzung unter Alkoholeinfluss deutlich kritischer zu bewerten seien. Unter Wirkung von Alkohol erhalten Sie weitere Informationen, wie Sie Alkohol auf unser Verhalten, unsere Wahrnehmung und unser Fahrverhalten auswirkt.
Was bedeutet das Urteil für Autofahrer?
Das neue Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gilt als wegweisend. Denn bisher konnte eine MPU nur bei einem Promillegehalt von mehr als 1,6 Promille angeordnet werden. Hat der Fahrer zwischen 1,1 Promille und 1,6 Promille müssen weitere Auffälligkeiten vorliegen, damit eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung angeordnet werden kann.
Nach Meinung des Bundesverwaltungsgerichts ist aber auch das ausblieben jeglicher Ausfallerscheinungen bei einem Blut-Alkoholgehalt von mehr als 1,1 Promille eine solche Auffälligkeit. Denn wenn ein Fahrer mit einem solchen Promillegehalt immer noch nüchtern wirke, dann wäre das ein verlässliches Anzeichen für einen regelmäßigen und starken Alkoholkonsums. Der Fahrer ist also auch in einem solchen Fall nicht geeignet, ein Fahrzeug zu führen.
Das Urteil des Gerichts in Leipzig wird die Praxis der MPU-Anordnung dauerhaft ändern. Da das Bundesverwaltungsgericht in diesem Fall die höchste Instanz ist, werden jetzt wohl auch andre MPU-Stellen dazu übergehen, eine Untersuchung auch bei weniger als 1,6 Promille anzuordnen, wenn keine Ausfallerscheinungen vorliegen.